Die ARGE Rind feierte am 7. Oktober 2021, ihr 20-jähriges Bestehen. Zahlreiche namhafte Gäste aus Wirtschaft, Politik, Interessensvertretungen, von Kooperationspartnern und aus der Landwirtschaft feierten gemeinsam mit dem Gastgeber ARGE Rind dieses Jubiläum, hielten Rückschau, was in diesen 20 Jahren erreicht wurde, wertschätzten die Gegenwart und blicken kritisch und engagiert in die Zukunft des österreichischen Rindermarktes. Im Rahmen des Festaktes wurde Gründungsobmann ÖR Josef Fradler durch Sektionschef DI Johannes Fankhauser das Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen.
Die vergangenen 20 Jahre waren für die österreichischen Rinderbauern und die ARGE Rind durch viele Herausforderungen geprägt. Spannungsfelder wie die BSE-Krise, Freihandelsabkommen, Fleischimporte der EU, mehrere Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik und volatile Märkte sind nur einige Beispiele.
Die ARGE Rind wurde mit der Aufgabe gegründet, als Dachorganisation die sieben regionalen Rindererzeugergemeinschaften in den Bundesländern zu koordinieren und gleichzeitig eine Interessenvertretung für die Rindfleischproduzenten in Österreich zu etablieren. „Die ARGE Rind ist schon seit jeher eine wichtige Partnerin der Bäuerinnen und Bauern aber auch des Ministeriums. In den vergangenen Jahrzehnten hatten wir mit vielen großen Herausforderungen zu kämpfen. Mit der Corona-Krise und dem Einbruch beim Rindfleischmarkt standen wir vor neuen Schwierigkeiten. Aber auch diese Phase konnten wir gemeinsam gut meistern. Danke an die ARGE Rind und besonders an Josef Fradler für die gute Zusammenarbeit“, gratuliert Elisabeth Köstinger, Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus zum Jubiläum.
Die ursprüngliche Kernaufgabe war es, eine gemeinsame Strategie im Schlachtrinderbereich zu entwickeln und am Mark umzusetzen. So waren die Anfangsjahre davon geprägt, die Mengen zu bündeln und gemeinsame Preisbildungs- und Abrechnungssysteme zu etablieren. Seit dem Gründungsjahr konnten die Vermarktungszahlen stetig gesteigert werden – aktuell werden jährlich rund 280.000 Rinder mit einem Umsatz von mehr als 250 Mio. Euro vermarktet.
Schon damals wurde von vielen Ländern in Europa immer wieder kritisch auf das österreichische System der gemeinsamen Abstimmung geblickt. „Bis heute fragen sehr viele Länder, wie wir es geschafft haben, gemeinsam über alle Bundesländer und Interessen hinweg, am Markt aufzutreten,“ erklärt DI Werner Habermann, Geschäftsführer der ARGE Rind. „Vor allem der Zusammenhalt und das Vertrauen zwischen den regionalen Erzeugergemeinschaften und unter den Mitgliedsbetrieben (Mutterkuh-, Kälberproduzent, Rindermäster) waren und sind dafür wesentliche Erfolgsgaranten. Wir haben erfolgreiche Markenfleischprogramme entwickelt und diese entlang der Wertschöpfungskette etabliert. Heute beneiden uns viele Länder um diesen gemeinsamen Auftritt am Markt, weil dadurch eine Bündelung der Kräfte möglich ist und wir als Genossenschaft viel mehr erreichen können als ein einzelner Landwirt!“
Josef Fradler, Obmann der ARGE Rind ergänzt dies: „Diese Einigkeit war wegweisend, um die Interessen der Rinderproduzenten auch in der Politik und bei den Partnern in den nachgelagerten Produktionsstufen vertreten zu können. So gelang es in den letzten 20 Jahren erfolgreich, Qualitätsrindfleischprogramme zu etablieren, in denen wir heute mehr als 75 % der Schlachtrinder vermarkten. Jährlich können wir dadurch Qualitätszuschläge von ca. 20 Mio. € an unsere Betriebe ausbezahlen und dadurch die Wertschöpfung verbessern.“
Gerade in Krisenzeiten zeigt sich die Bedeutung und der Zusammenhalt einer Erzeugergemeinschaft besonders stark. Es war in den letzten beiden Jahren massiv spürbar, wie der Rindfleischabsatz aufgrund der Covid-19-Krise äußerst schwierig wurde. Durch die geschlossenen Gastronomiebetriebe sowie ein verändertes Konsumverhalten (eingeschränkter Tourismus) kam der Rindfleischmarkt sehr stark unter Druck. Die ARGE Rind hat hier gemeinsam mit allen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette marktstabilisierende Maßnahmen gesetzt. Dieses entschlossene und vorausschauende Handeln hat wesentlich zur Preisstabilisierung am Rindermarkt und zu einer Absatzsicherheit/Preissicherheit bei allen heimischen Rinderproduzenten beigetragen.
Auch die Anforderungen der Zukunft, sowohl an unsere Mitglieder als auch an die ARGE Rind, werden nicht weniger, sondern werden uns sehr fordern. So befindet sich zum Beispiel die Rindfleischproduktion aktuell in einer sehr schwierigen Position zwischen einer wirtschaftlichen Produktion unserer Landwirte einerseits und des Bestrebens nach Nachhaltigkeit andererseits. „Diese zwei Faktoren sind aber in Österreich keine Gegensätze!“ meint DI Werner Habermann. „Der CO2-Ausstoss der heimischen Rinderproduktion muss im weltweiten Vergleich betrachtet werden. Der österreichische Konsument kann ruhigen Gewissens österreichisches Qualitätsrindfleisch essen, ohne dabei an negative Auswirkungen an das Klima denken zu müssen. Denn: ein Großteil der heimischen landwirtschaftlichen Nutzfläche ist reines Grünland und diese Flächen können nur durch Wiederkäuer optimal und klimaschonend verwertet werden. Viele Konsumenten wissen das nicht!“
Auch das Thema Tierwohl rückt vermehrt in den Fokus der Gesellschaft. Hier entwickelt sich die Schere zwischen der öffentlichen Wahrnehmung, den Forderungen sowie der Bereitschaft mehr zu bezahlen, weit auseinander. Die ARGE Rind wird jedoch weiterhin Gespräche mit dem Lebensmitteleinzelhandel und den Gastronomiegroßhändlern führen, um eine Weiterentwicklung zu „mehr Tierwohl“ zu ermöglichen und für unsere Betriebe einen Mehrwert bieten zu können.
Auch im Thema Regionalität sieht die ARGE Rind eine große Chance. Gerade im Kontext der Klimadiskussion werden Konsumenten verstärkt auf heimische und regionale Qualitätsprodukte setzen! Man geht davon aus, dass es diesbezüglich zu Änderungen im Einkaufsverhalten kommen wird.
Eines der erfolgreichsten Markenfleischprogramme der jüngsten Zeit ist das Kalb Rosé Austria. Hier ist es der ARGE Rind gelungen, die Tiertransporte zu vermindern und den österreichischen Kalbfleischmarkt wiederaufzubauen. Dieses Projekt bleibt auch in den nächsten Jahren im Fokus, um weiterhin gemeinsam die Rindfleischproduktion entlang der Wertschöpfungskette weiterzuentwickeln.
Auch bei Jungstieren, Ochsen und Kalbinnen sowie im Jungrinder-Bereich arbeitet die ARGE Rind für einen guten Weg und setzt weiterhin auf das AMA-Gütesiegel, das eines der zentralen Elemente in der Qualitätssicherung ist.
Josef Fradler merkte abschließend noch an, dass „... der Mehrwert der Bauern nur durch dieses gemeinsame Auftreten am Markt möglich ist. Denn solange alles funktioniert, wird oft die Leistung im Hintergrund nicht gesehen. Erst in schwierigen Zeiten oder Krisen, wie jetzt in der Corona-Pandemie, werden dieses gemeinsame Ziehen an einem Strang und die Vorteile, die dadurch entstehen, wirklich ersichtlich!“